Ich habe ein neues Zuhause. Seit bald einem halben Jahr lebe ich dort nun die Hälfte der Zeit alleine und die andere Hälfte der Zeit mit meinen drei Kindern. Es war ein langer Weg bis hierhin und vermutlich bleibt er auch lang.

Was soll ich sagen? Hinter mir liegt eine verdammt harte Zeit. Viele, viele kleine Entscheidungen, die letztlich diese ganz große Entscheidung ausgemacht haben. Aufzubrechen, wegzugehen, Vertrautes hinter mir zu lassen.

Wie lange so verdammt und hart? Ungefähr 912 Tage. Mein Kleinster würde nun fragen: „Wieviele Sekunden?“ Ich würde antworten: „Mensch, Süßer, unglaublich, aber knapp 79 Millionen Sekunden.“ In vielen dieser 79 Millionen Sekunden wanderte ich durch ganz viel Nebel, steckte im Schlamm fest, fühlte große Unsicherheit und Angst.

Es ist nicht nur eine neue Wohnung, eine neue Adresse, ein neuer Meldezettel. Es ist mein Platz. Mein Ort. Ein Ankommen. Nach dieser langen Zeit.

Es ist auch ein großes Abschied nehmen. Von einer guten, kraftvollen, sicheren Phase in meinem Leben. Zehn Jahre mit einem starken, humorvollen, intelligenten Menschen an meiner Seite. Abschied von einer offenen, lustigen, lebendigen, gemeinsamen Zeit. Abschied von einem Leben als Familie zu fünft.

Aber gleichzeitig auch Abschied von einer großen inneren Erschöpfung, von einem Alles-Irgendwie-Halten-Wollen, von einer schließlich kaum zu ertragenden inneren Ambivalenz.

Es ist ein langer Weg. Es ist ein langer Abschied. Immer wieder anders, immer wieder neu.

Doch es ist auch ein Willkommen heißen. Ein Willkommen heißen von Sehnsucht, Verantwortung, Wagnis, Neuem.

Unfreiwillig auch ein Arme öffnen für unglaublichen Schmerz, Ungewissheit, Verletzlichkeit.

Und nicht zu vergessen: immer wieder ganz weite Arme für die drei wunderbaren Wesen, die umso mehr Orientierung, Liebe und Geborgenheit brauchen. Und das auch dann, wenn ich müde und erschöpft bin.

Weil das Alles ganz schön anstrengend sein kann: zum rechten Zeitpunkt die Arme schließen und mich selbst fest umarmen.

Und genauso wichtig: komplett loslassen und mich fallen lassen in das große, warme, weite Netz von Menschen.

Die Menschen, die mich all die Zeit hindurch so wunderbar gehalten und unterstützt haben.

Ohne sie wäre das Alles für mich nicht möglich.

 

Foto: Vivian Mary Pudelko