Auch im Pflegeheim wird es Weihnachten. Seit November gibt es ganz viel Deko im Haus, die sich auf eigenartige Weise zu vermehren scheint, je näher Weihnachten heranrückt. Teils ist sie verstaubt, teils kitschig und manchmal erfreue ich mich sogar kurz daran. Kurz vor Heilgabend beginnt es dann auf vereinzelten Stationen sogar verheißungsvoll zu blinken. Die letzten beiden Wochen waren in der Musiktherapie durchzogen von ausgewählten Weihnachtsliedern. Manchmal von mir alleine am Bett gesungen, zart und leise. Auch mal zu zweit, mit leuchtenden Augen. Oder in der Kleingruppe, freudvoll und lebendig. Dann diese Woche sogar in ganz großer Runde, auf den jeweiligen Stationen, von zwei Therapeut*innen angeleitet.

Mein Lieblingsweihnachtslied habe ich dieses Jahr sehr, sehr oft gesungen. Es waren meine schönsten vorweihnachtlichen Momente. „Leise rieselt der Schnee“, singe ich und es wird sanft in mir. Denn dieses Jahr rieselte gar nichts in meinem Leben. Ganz im Gegenteil, es hagelte gleich mehrere Verluste und endlos viele Sorgen überschatteten meinen Alltag. „In den Herzen wird’s warm.“, tönt es und  ein wohliges Gefühl breitet sich in mir aus. Mit all den Verlusten und Sorgen gibt es auch Wunderschönes, Erhebendes, zutiefst Beglückendes, das in mein Leben gekommen ist. „Still schweigt Kummer und Harm.“, singen wir und für genau diesen Moment rückt all mein Schmerz in den Hintergrund. „Sorge des Lebens verhallt.“, verkünde ich und so löst sich kurzzeitig alles auf, was mich im ganzen Jahr beschwert hat und sich auch in dieser Vorweihnachtszeit täglich dunkel und schwer auf meine Schultern legt. Unglaublich, doch während dieser Minuten des Singens, verschwinden meine Sorgen des Lebens komplett.

So atme ich Weihnachten. An ganz vielen Tagen im Dezember dieses Jahres, im Pflegeheim. Ich erlebe die hellen, warmen Momente dieses eigentlich so freudvollen Festes, gemeinsam mit den Bewohner*innen des Hauses. Und ja, es gibt an diesem Ort auch viele Tränen, die in dieser hochemotionalen Zeit fließen. Es gibt Gefühle von Einsamkeit, Verzweiflung und Isolation. Doch es gibt auch sehr viel Trost. Und es gibt eine tiefe Verbundenheit und Hände, die halten.

Mich.

Und die Bewohner*innen.