Es hat mehr als ein halbes Jahr gebraucht bis zu diesem neuen Blogartikel. Das war nicht so geplant. Und ja, die Tage mit drei Kindern unter 7 Jahren, mit meiner Selbständigkeit und mit ganz vielen drängenden eigenen Interessen und Bedürfnissen sind deswegen nicht länger, sondern auch mit 24 Stunden begrenzt. Keine Sorge mit der Selbstfürsorge? Von wegen!

Expertin für die eigene Selbstfürsorge? Ja und nein. Wir sind eben oft Experten für die Dinge, die uns persönlich einnehmen, mit denen wir selbst viel Erfahrung gesammelt haben und von denen wir uns selbst betroffen fühlen. Und viel über Selbstfürsorge und ihre Hindernisse und Herausforderungen zu wissen, heißt nicht dieses Wissen immer umsetzen zu können. Selbstfürsorge findet nicht im Kopf statt, ist nicht nur planbar und braucht immer wieder aufs Neue die eigene, innere Entschlusskraft. Vor allem dann, wenn es dicht ist im Leben.

 

Okay, das Leben ist intensiv, es gibt viele Herausforderungen. Mit oder ohne Kindern. Es tun sich immer wieder neue Welten auf – und das wird sich erstmal vermutlich nur unwesentlich ändern. Es braucht also kleine Bremsen im Alltag. Und das sind für mich Nägel lackieren und Briefe schreiben!

 

Nägel lackieren: was für eine wunderbare Zeitverschwendung im Alltag. Oder anders betrachtet, was für ein Luxus an Zeit. Denn das heißt, ich nehme mir den Raum, um in aller Seelenruhe einen Nagel nach dem anderen zu lackieren. Da möchte ich nicht gestört werden und beginne reflexartig ruhiger zu atmen. Mein Geist hält inne. Und dann müssen die Nägel eine Weile trocknen, nach dem Trocknen sollte ich keine „aufreibenden“ Arbeiten verrichten. Eigentlich auch an den darauffolgenden Tagen nicht bzw. am besten den ganzen Tag auf einem blumenverhangenen Thron sitzen und die Welt beschauen…. Okay, das mache ich nicht. Aber meine Nägel signalisieren mir dies ein paar Tage lang. Und das macht mich dann momentweise sehr glücklich. Es gibt nichts zu tun. Schone Dich.

 

 

Briefe schreiben. Auf den ersten Blick sind Briefe in digitalen Zeiten, wo wir uns wunderbar auf schnelle Art und Weise vernetzen können, vielleicht ein überflüssiges Gut. Aber nein, gar nicht. Nicht auf den zweiten Blick. Wie schön ist es einen Brief, angefüllt mit eigenen Gedanken und Gefühlen, in den Postkasten zu werfen. Zum Briefe schreiben muss man wirklich Zeit haben. Also eigentlich, wenn es sonst nichts zu tun gibt. Oder eben gerade dann, wenn richtig viel los ist und die Gedanken sich auch spät am Abend noch überschlagen.

 

Mindestens eine halbe Stunde Zeit sollte man sich nehmen und ungestört sein. Für eine Weile tief in das eigene Leben eintauchen oder auch einer Vogelperspektive gleich auf die momentane Lebensphase schauen. Wie wohltuend ist es doch einen Brief zu schreiben, die Ruhe zu erleben, die sich plötzlich auftut. Der regelmäßige Schreibfluss (nicht viel nachdenken, aus dem Bauch heraus schreiben!) geht in einen Flow-Zustand über und – wir fallen aus der Zeit.

 

Dann, wenn die Hand sich erschöpft, den Brief schnell beenden, nach Belieben nochmal durchlesen und ab in den Umschlag. Ganz wichtig: möglichst zeitnah in den Postkasten werfen. Ein Stück von Dir geht auf die Reise, hin zu einem anderen Menschen.

 

Du weißt nicht, wem Du schreiben sollst? Dann schreibe mir, ich schreib‘ zurück! Ziemlich sicher.

 

Einen wunderbaren Sommer wünscht Euch,

Vivian Mary Pudelko

Foto: Marlene Karpischek