Ich wollte das Herkunftsland meines Lieblingsschriftstellers Haruki Murakami besuchen, mal wirklich Sushi essen und am Weltkongress der Musiktherapie teilnehmen. Am liebsten allein. Und ja, das habe ich dann gemacht. Diesen Sommer!

Ich war diesen Sommer in Japan. In Tokyo und Tsukuba! 60 km entfernt von Tokyo kamen fast 3000 TeilnehmerInnen aus aller Welt auf dem Weltkongress der Musiktherapie zusammen. Nahezu fremd auf einer großen Konferenz, allein in einer Mega-City.

 

Diese innere Aufregung, die sich auftut, wenn man sich in der Fremde bewegt und alles zum ersten Mal macht. Dicht gefolgt vom warmen, inneren Glück über den eigenen Mut. In einem Lokal mit alten, einheimischen Männern das japanische Essen entdecken. Diverse kalte, grüne Tees aus den bunten Getränkeautomaten ziehen, die überall zu finden sind. An heißen Tagen durch klimatisierte Kaufhäuser streifen. Und dann dieses wunderbar ausgeklügelte Toilettensystem. Die warmen Waschtücher zum Hände reinigen vor dem Essen. Die Vielfalt und Feinheit der japanischen Speisen. Wie angenehm auch diese Distanz und Zurückhaltung der Japaner gepaart mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft.

 

Ich habe einen komplett anderen Tagesrhythmus gelebt als zuhause. Nach Mitternacht ins Bett und bitte nicht vor 8 Uhr aufstehen. Was für eine Freiheit. Soviel Zeit. Für mich und meine Arbeit und wieder für mich. Für das, worauf ich gerade Lust hatte. Und für das Nichts-Tun. Und das Tag für Tag. 24 Stunden.

 

Aus dieser großen Distanz auf mein Leben zu schauen tat gut. Ich war dankbar für meinen Alltag in Wien mit kleinen und größer werdenden Menschenwesen. Mitdieser großen Körperlichkeit im Alltag, die im Laufe der Zeit schon ganz selbstverständlich geworden ist: umarmen, heben, tragen, zupacken, streicheln, umarmen, heben, tragen. Dieser körperliche Einsatz, der es dann auch mit sich bringt am Abend erschöpft schnell einzuschlafen. Ja dankbar auch für all die Intensität und Fülle meines Alltags, inklusive dem regelmäßigen Gefühl von Überforderung. Dankbar dafür täglichgrößtenteils einem Plan zu folgen, der von der Natur vorgegeben ist.Zu wissen, was als Nächstes zu tun ist. Bedürfnisse von kleinen Menschen erfüllen und ja, eigentlich das Wichtigste: da sein. Einfach da sein.

 

Nun war ich zwei Wochen ganz weit weg. Beruhigend zu merken, dass das Leben zuhause auch ohne mich weiterläuft. Dass ich entbehrlich bin. Naja, erst im zweiten Moment beruhigend. Kurz vor’m Abflug war ich erfüllt von Aufregung und kleiner Furcht: Waaaas, es geht auch ohne mich? Ich bin gar nicht so wichtig? Ich entferne mich von meiner kleinen Schafherde?

 

Sushi in Japan schmeckt einzigartig. Fast überall. Fast täglich. Zu fast jeder Tageszeit. In Tsukuba saß ich regelmäßig in einem Donut-Laden und fühlte mich in Erzählungen von Murakami versetzt: die Menschen um mich herum, der Laden – ja, irgendwie mutierte ich selbst langsam zu einer Figur aus seinen Romanen während ich einen Tee trank und einen Donut aß.

 

So bunt, so laut, so voll. Und gleichzeitig so zurückhaltend und leise. Was für eine Freude in Japan zu sein.

 

Tokyo, I love you.

 

 

Foto: Vivian Mary Pudelko